Faszientraining bei Lipödem - Worauf du achten solltest

Faszientraining bei Lipödem - Worauf du achten solltest

Oft missverstanden - Lipödem ist keine Frage der Faulheit oder falschen Diäten. Welche Maßnahmen unterstützen können und wie Faszientraining helfen kann.

Patientinnen mit Lipödem sind weder zu faul für Bewegung, noch ist eine schlechte Ernährung schuld. Die schmerzhaften Fetteinlagerungen sind eine Krankheit – eine Tatsache, die oft übersehen wird.

Vielleicht bist auch du schon mit gut gemeinten, aber wenig hilfreichen Ratschlägen wie „Du solltest einfach mal mehr Sport machen“ oder „Versuch doch mal weniger zu essen“ konfrontiert worden. Doch Tatsache ist, dass die meisten der betroffenen Frauen, vielleicht auch du, bereits zahlreiche Diät- und Bewegungsprogramme ausprobiert haben. Da diese Programme aber überwiegend auf herkömmlichen Methoden zur Gewichtsreduktion basieren, zeigen sie in der Regel wenig bis gar keine Wirkung. Sie führen eher zur Frustration.

Zusätzlich zu den schon vorhandenen physischen Beschwerden, wie Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen, können dadurch auch noch vermehrte psychische Belastungen entstehen. Ein negatives Körperbild und ein geringeres Selbstwertgefühl spielen hier oft eine große Rolle.

Die Diagnose „Lipödem“ kann daher gemischte Gefühle hervorrufen. Einerseits Erleichterung, denn endlich gibt es eine Erklärung für deine jahrelangen Beschwerden. Gleichzeitig kann es dich aber auch vor neue Herausforderungen stellen, denn was kannst du denn nun selbst dazu beitragen, um deine Beschwerden zu lindern? In diesem Artikel wollen wir dir erklären, worum es sich bei einem Lipödem handelt und wie Faszientraining dir als unterstützende Maßnahme helfen kann.

Das Lipödem ist noch eine sehr „junge“ Krankheit, bei der viele Aspekte noch nicht genau erforscht sind. Solltest du bei dir ein Lipödem vermuten, oder die Diagnose bereits bekommen haben, empfehlen wir dir, deinen Behandlungsplan unbedingt mit deinem Arzt zu besprechen. Nur so kannst du sicherstellen, dass die Behandlungsmaßnahmen individuell auf dich zugeschnitten sind und dir dabei helfen, deine Lebensqualität zu verbessern.

Beine einer Frau mit Lipödem

Was ist ein Lipödem?

Bei einem Lipödem handelt es sich um eine chronische, vermutlich genetisch bedingte Fettverteilungsstörung. Oft wird es fälschlicherweise als Adipositas oder Lymphödem diagnostiziert. Obwohl es zu Mischformen mit diesen Erkrankungen kommen kann, ist das Lipödem als eigenständige Erkrankung anzusehen.

Es kommt dabei zu einer krankhaften Vermehrung und Vergrößerung der Fettzellen in der Unterhaut, die mit einer vermehrten Einlagerung von Flüssigkeit einhergeht. 

Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Frauen und manifestiert sich symmetrisch hauptsächlich an den Hüften und Beinen. Seltener kann es auch an den Armen auftreten, Hände und Füße sind nur äußerst selten betroffen. Auch der Körperstamm bleibt im Normalzustand, was zu einer unproportionalen Körperform führt. Die betroffenen Regionen nehmen dann deutlich mehr Volumen ein als der Rest des Körpers.

Im Laufe dieses Artikels werden wir noch darauf eingehen, welche Maßnahmen du nach der Diagnose „Lipödem“ selbst ergreifen kannst. Dabei gehen wir auch darauf ein, ob Faszientraining bei Lipödem eine positive Wirkung zeigt. Vorher möchten wir jedoch einen Überblick über den Krankheitsverlauf und die zugrunde liegenden Ursachen geben.

Krankheitsverlauf

Der Verlauf des Lipödems wird typischerweise in drei Stadien unterteilt, wobei die Entwicklung sehr langsam voranschreitet und sich über mehrere Jahre erstrecken kann. Im ersten Stadium machen sich vor allem Veränderungen in der Figur bemerkbar, die jedoch meist noch mit einer einfachen Gewichtszunahme in Zusammenhang gebracht werden, da Oberschenkel und Hüften ohnehin typische Problemzonen bei Frauen sind.

Die Haut ist zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch glatt, bei Druck oder Zusammenschieben der Haut kann aber Cellulite erkennbar sein. Es bilden sich tastbare, kugelige Fettgewebsverdickungen, die häufig schon schmerzhaft sind. Mit dem Fortschreiten der Krankheit verändert sich das Hautbild zunehmend. Die Dellen und Verdickungen werden größer und ausgeprägter, während auch der Umfang der betroffenen Körperteile kontinuierlich zunimmt und sich im dritten Stadium große, deformierte Fettlappen bilden.

Grafik des Normalzustands und der drei Stadien des Lipödems

Das Fettgewebe enthält viele Blutgefäße, deren Wände aber übernormal durchlässig sind. Dadurch tritt vermehrt Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in das umliegende Gewebe aus. Da die Lymphgefäße nicht überall zwischen den Fettzellen, sondern nur im umliegenden Bindegewebe vorhanden sind, gelangt die Flüssigkeit nur langsam zu den Lymphbahnen und kann nicht ausreichend abtransportiert werden. 

Zusätzlich ist der Gewebedruck der Haut ist im Bereich des Lipödems sehr niedrig und kann den Blutgefäßen nur wenig Widerstand entgegensetzen. Auch erweiterte Venen und Lymphgefäße können in diesem Bereich nicht ausreichend zusammengepresst werden, wodurch der Blut- und Lymphfluss beeinträchtigt wird. Durch das Zusammenspiel dieser Faktoren entstehen Ödeme im Unterhautgewebe.

Symptome

Typische Symptome des Lipödems umfassen also eine unproportionale Zunahme des Fettgewebes, insbesondere an den Hüften, Oberschenkeln und Beinen, während andere Körperregionen schlank bleiben. Diese Fettdepots können Druck- oder Berührungsschmerzen verursachen, oft ist eine sanfte, zärtliche Berührung bereits schmerzhaft. Einher geht dies meistens mit Schwellungen, Spannungsgefühlen und einem Schweregefühl in den betroffenen Bereichen. Die Haut wird viel empfindlicher und neigt dazu, leicht blaue Flecken zu entwickeln, selbst bei geringfügigen Verletzungen oder Berührungen. Im Tagesverlauf nimmt die Spannung in den Beinen meist zu, auch langes Sitzen oder Stehen kann die Beschwerden verstärken.

Ursachen

Welche Ursachen hinter dem Lipödem liegen ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Da die ersten Symptome aber oft während einer Hormonumstellung, wie der Pubertät, während einer Schwangerschaft oder in der Menopause auftreten, geht man davon aus, dass es eine hormonell bedingte Krankheit ist. Auch eine genetische Komponente scheint vorhanden zu sein. Übergewicht und falsche Ernährungsgewohnheiten haben jedoch keinen Einfluss auf die Entstehung des Lipödems, können aber in deren Verlauf die Erkrankung deutlich beeinflussen.

Behandlung

Ein Lipödem ist eine chronische Krankheit, die sich zwar nicht heilen, aber positiv beeinflussen lässt. Dazu zählen einige Faktoren, wie Ernährung, Bewegung und konservative (=nicht operativ) Therapiemaßnahmen wie Lymphdrainage, das Tragen von Kompressionstrümpfen oder Faszientraining. Auf die operative Maßnahme, die Liposuktion, gehen wir in diesem Artikel nicht weiter ein.

Frau mit Schürze in der Küche die Gurken geschnitten hat

Ernährung

Obwohl Übergewicht nicht für die Entstehung des Lipödems verantwortlich ist, kann zusätzliches Gewicht negative Auswirkungen auf den Körper haben. Es belastet Gelenke und passive Strukturen noch stärker und erschwert Bewegungsabläufe. Auch wenn die Fettansammlungen nicht aufgrund einer übermäßigen Kalorienzufuhr entstanden sind, ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung dennoch wichtig, um spätere Folgeschäden durch das zusätzliche Gewicht zu vermeiden. Eine Ernährung, die reich an Gemüse, Vollkornprodukten, magerem Eiweiß und Obst ist, wird empfohlen, während zucker- und fettreiche Lebensmittel vermieden werden sollten. Ebenso ist ein sparsamer Umgang mit Salz ratsam, da es zur Wassereinlagerung im Gewebe beitragen kann.

Frau dehnt ihren Arm in der Natur

Bewegung

Vor allem in fortgeschrittenen Stadien des Lipödems kann Sport oft mit erheblichen Überwindungen und Schmerzen verbunden sein. Dennoch ist regelmäßige körperliche Aktivität unerlässlich, um den Körper mobil zu halten und einer weiteren Gewichtszunahme entgegenzuwirken. Die Auswahl der geeigneten Bewegung hängt von deiner individuellen Situation ab und sollten mit deinem Arzt abgesprochen werden. Grundsätzlich empfehlen sich besonders gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Aquafitness, Radfahren oder Yoga. Aber auch Krafttraining, Nordic Walking und Tanzen könnten mögliche Formen der Bewegung für dich sein.

Manuelle Lymphdrainage

Das Hauptziel der konservativen Behandlung bei Lipödem ist die Reduzierung von angesammelter Flüssigkeit, um das Gewebe zu entstauen. Eine wirksame Methode dafür ist die Lymphdrainage. Bei dieser Methode wird die Aktivität der Lymphgefäße angeregt und Lymphfluss aus dem Gewebe in die Lymphbahnen gelenkt, um überschüssige Gewebeflüssigkeit schneller loszuwerden. Die Massage erfolgt im Gegensatz zur herkömmlichen "Muskelmassage" mit sehr sanften, kreisenden Bewegungen. Vorübergehend kann es nach der Lymphdrainage zu einer leichten Verringerung des Umfangs der betroffenen Regionen und oft auch zu einer Linderung von Schmerzen führen. Um diesen Effekt länger zu behalten, sollte begleitend dazu eine Kompressions-Versorgung erfolgen.

Frau mit Kompressionsstrümpfen sitzt auf dem Bett

Kompressions-Versorgung

Neben der Lymphdrainage spielt auch die entstauende Kompressionstherapie eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Lipödem. Vor allem bei langem Stehen oder Sitzen oder auch beim Sport lässt sich dadurch die Schwellungstendenz reduzieren. 

Kompressionsbekleidung erhöht den Druck im Gewebe, sorgt dafür, dass weniger Flüssigkeit ins Gewebe gelangt und fördert den Rückfluss von Flüssigkeit aus den Venen und Lymphgefäßen. Die Wahl der Kompressionsmaterialien sollte individuell angepasst werden, da nicht jede Patientin die gleiche Kompressionsstärke oder -art benötigt.

Frau rollt mit dem Faszienstab über den Oberschenkel

Faszientraining

Faszientraining kann eine wertvolle Ergänzung für Patientinnen mit Lipödem sein. Es unterstützt deinen Körper, die Flexibilität und Durchblutung des Gewebes zu verbessern und den Lymphabfluss anzuregen. Durch spezifische Übungen können die Faszien, das Bindegewebe, das Muskeln, Knochen, Nerven umgibt, stimuliert und mobilisiert werden. Dies kann dazu beitragen, Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu verbessern.

Du solltest beim Training unbedingt sanft und mit nicht zu hohem Druck beginnen und die Reaktion deines Körpers beobachten. Statt der Massage mit der klassischen Faszienrolle, bei der du mit dem eigenen Körpergewicht arbeitest, bietet sich hier die Verwendung eines Faszienstabes an. So kannst du dich ganz gezielt auf die betroffenen Regionen konzentrieren und die Intensität selbst kontrollieren. Darauf solltest du beim Faszientraining achten: 

  1. Aufwärmen: Bevor du mit dem Training beginnst, kannst du deinen Körper schon etwas in Schwung bringen, zum Beispiel durch einen 10-minütigen Spaziergang.

  2. Langsames Steigern der Intensität: Beginne dein Training sanft und steigere die Intensität langsam, damit sich dein Körper anpassen kann. Beobachte dabei immer die Reaktion deines Körpers.

  3. Richtige Atmung: Achte auf eine tiefe und kontrollierte Atmung. Die richtige Atmung kann dazu beitragen, Spannungen im Körper zu reduzieren und die Effektivität der Übungen zu verbessern.

  4. Regelmäßigkeit und Geduld: Bleib konsequent und führe dein Training regelmäßig durch. Jeder Körper reagiert anders und ist nicht gleich schnell, bis sich Verbesserungen bemerkbar machen.

  5. Achtsamkeit: Nicht jeder Körper ist gleich und nicht jeder Tag ist gleich. Wenn du starke Schmerzen spürst, achte auf die Signale deines Körpers und passe die Intensität deines Trainings an.

Tipp: Vor Beginn des Trainings solltest du unbedingt mit deinem behandelnden Arzt sprechen. So kannst du sicherstellen, dass das Faszientraining für dich geeignet ist und du die Übungen entsprechend deinen individuellen Bedürfnissen anpassen kannst, um zusätzliche Belastungen zu vermeiden.

Hautpflege

Da das Lipödem häufig von einem Lymphödem begleitet wird, ist eine sorgfältige Hautpflege hier besonders wichtig. Das Lymphödem kann die Hautzirkulation stören, wodurch die Haut zu Trockenheit und erhöhter Empfindlichkeit neigt und es zu Entzündungen kommen kann. Die Verwendung von Kompressionskleidung beansprucht die Haut hier noch zusätzlich, weswegen begleitend immer auf die passende Pflege geachtet werden sollte. Dazu zählen die tägliche Reinigung mit milden Waschlotionen, gründliches Abtrocknen, die richtige Feuchtigkeitspflege und auch die tägliche Reinigung der Kompressionskleidung.

Fazit

Das Lipödem ist eine komplexe und oft missverstandene Erkrankung, die eine sorgfältige Aufmerksamkeit und die individuelle Gestaltung eines Behandlungsplans durch einen fachkundigen Arzt erfordert. Von einer angepassten Ernährung über regelmäßige Bewegung bis hin zu therapeutischen Ansätzen wie manueller Lymphdrainage und Faszientraining gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen, die dazu beitragen können, Beschwerden zu lindern und deinen Körper zu unterstützen.

 

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