Faszien als Schmerzursache – ein Blick hinter die Kulissen

Faszien als Schmerzursache – ein Blick hinter die Kulissen

Steifer Nacken, Kopfschmerzen & Verspannungen – das kommt dir bekannt vor? Die Ursachen scheinen oft offensichtlich. Doch auch deine Faszien können Auslöser von Schmerzen sein.

Vermeide diese 5 Fehler beim Faszientraining Du liest Faszien als Schmerzursache – ein Blick hinter die Kulissen ca. 10 Minuten Weiter Faszientraining: Die Geheimwaffe gegen Cellulite?

Wer kennt sie nicht: Verspannungen, die zu Rückenschmerzen werden. Der steife Nacken, der in Kopfschmerzen endet und das unangenehme Gefühl, dass da mehr als nur ein paar verrostete Scharniere im Spiel sind.
Die Auslöser für deine Schmerzen sind meist (vermeintlich) greifbar: eine unbequeme Schlafposition, stundenlanges Sitzen im Büro, der alltägliche Stress oder einfach zunehmendes Alter. Etwas weniger greifbar: Wusstest du, dass auch deine Faszien eine Ursache für Schmerzen sein können? Dieses in der Schulmedizin oft wenig beachtete Bindegewebe könnte der Schlüssel zu vielen unserer körperlichen Beschwerden sein.

Doch was sind Faszien eigentlich? Warum können sie Schmerzen verursachen? Und was noch wichtiger ist: Was kannst du dagegen tun? In diesem Artikel verschaffen wir dir einen Überblick.

Wir sind uns bewusst, dass Schmerzen ein äußerst sensibles Thema sind. In vielen Situationen entstehen Schmerzen durch mehrere Faktoren. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Rolle der Faszien bei der Entstehung von Schmerzen.

Wichtig ist jedoch, zwischen Ursache und Symptomatik zu unterscheiden, und dabei nicht nur einen einzelnen Faktor als Ursache oder Lösung für alle Probleme zu betrachten, sondern eine ganzheitliche Betrachtung anstreben.

Die Grundlagen – Was du über Faszien wissen solltest

1. Was sind Faszien?

Stell dir vor, deine Knochen, Nerven, Muskeln und Organe sind von einem eng anliegenden, elastischen Ganzkörperoverall umhüllt. Dieses mysteriöse Bindegewebe nennt sich Faszien und schützt deinen Körper vor Schäden und sorgt gleichzeitig für Beweglichkeit und Stabilität.

Grafische Darstellung von Muskelfasern und den Faszien, die sie umgeben

Ein faszinierendes Thema, diese Faszien. Selbst in der Wissenschaft gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, was sie eigentlich genau sind. In unserem Artikel: „Was sind eigentlich Faszien: Ein Überblick, einfach erklärt“ gehen wir genauer darauf ein. Eines ist jedoch sicher. Faszien sind eine spezielle Struktur des Bindegewebes. Sie sorgen für Stabilität und dienen gleichzeitig als Gleitschicht zwischen deinen Muskelfasern. Darüber hinaus dienen deine Faszien aber auch noch als wichtiges Wahrnehmungsorgan. 

Und da sie diese Funktion über deinen ganzen Körper verteilt wahrnehmen, kannst du dir vielleicht ausmalen, warum sie für Schmerzen verantwortlich sein können:

2. Die Rolle der Faszien bei der Schmerzwahrnehmung

Schmerzen sind ein Hilferuf deines Körpers. Eine Art SOS-Taste, die durch Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) ausgelöst wird. Zu den Auslösern zählen unter anderem Reizen wie Hitze, Kälte, Druck oder Entzündungen. Sind diese Reize zu stark, senden die Rezeptoren ein Signal an das Gehirn, das du als Schmerz wahrnimmst. Und hier kommen deine Faszien ins Spiel. Unzählige dieser Schmerzrezeptoren sind über deine Faszien im Körper verteilt.
Damit du dir das Ausmaß davon besser vorstellen kannst: In der Schule hast du vermutlich gelernt, dass deine Haut das größte Sinnesorgan ist. Flächenmäßig sind deine Faszien der Haut jedoch bei Weitem überlegen. Im Schnitt trägt jeder Mensch 20kg Fasziengewebe in sich.

Visualisierung zeigt Lokalisation des Triggerpunkts und den dazugehörigen Schmerzbereich mit Ausstrahlungsschmerz

Faszien als Ursache für Schmerzen

Die meisten Sportmediziner und Therapeuten sind sich einig: Faszien könnten die heimlichen Regisseure von Schmerzen in deinem Körper sein. Besonders im Bereich der Muskelfaszien (Myofaszien) scheinen sie oft eine Hauptrolle einzunehmen.

Aktuell wird angenommen, dass bei einem Großteil der unspezifischen Rückenschmerzen myofasziale Ursachen vorliegen. Unspezifisch bedeutet, dass Schmerzen vorhanden sind, ohne dass dafür ein akuter Auslöser wie zum Beispiel ein Bandscheibenvorfall oder eine Vorerkrankung vorliegt. Aber auch Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Schulterschmerzen oder Schmerzen in den Beinen können ihre Ursache in Faszien oder muskulären Triggerpunkten haben.

Besonders tückisch: Fasziale Schmerzen treten häufig nicht dort auf, wo die eigentliche Ursache liegt. Dieses Phänomen wird „referred pain“ oder „übertragener Schmerz“ genannt. So kann unter anderem eine Verhärtung der Faszien in deinen Beinen zu Rückenschmerz führen. Warum das so ist? Weil das Fasziennetzwerk im ganzen Körper verbunden ist. Du könntest also auch von einer einzigen Faszien sprechen.

„Stell dir vor, dein Körper ist wie Film. Jede Szene muss perfekt mit der nächsten abgestimmt sein, um eine harmonische Handlung zu schaffen. Wenn nur eine Szene aus dem Drehbuch gerät, wirkt sich das auf den gesamten Film aus. So funktioniert das auch mit der Spannung in deinem Körper. Eine falsche Körperhaltung kann an der Körpervorderseite zu Verkürzungen führen, welche sich dann an der Rückseite durch Spannungen bemerkbar machen."

Grafische Darstellung von Muskelfasern und Faszien im Bereich des Nackens und der Schultern

Wie entstehen Schmerzen durch Faszien?

Myofasziale Schmerzen zeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie über einen längeren Zeitraum auftreten. In den meisten Fällen beginnt es punktuell und breitet sich dann auf weitere Körperbereiche aus. Deine Faszien können in jedem Alter die Ursache für Beschwerden sein, häufig betrifft dieses Thema jedoch Menschen zwischen 30 und 50 Jahren. Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass gerade in dieser Altersgruppe Stress und Fehlhaltungen besonders häufig vorkommen. Außerdem sind Personen in dieser Lebensphase üblicherweise noch sehr aktiv und so werden Bewegungseinschränkungen stärker wahrgenommen.

Gesunde Faszien dienen als Gleitschicht zwischen deinen Muskelfasern - wie das Öl in einem Hochleistungsmotor. Unter gewissen Umständen kann dein Fasziengewebe diese Eigenschaft jedoch verlieren. Die Fasern verlieren ihre Gleitfähigkeit und die unterschiedlichen Schichten können sich nicht mehr optimal verschieben. Dann spricht man umgangssprachlich von "verklebten" Faszien. In der Muskulatur kann es zu Verhärtungen kommen. Diese entstehen dadurch, dass sich der Muskel zusammenzieht und nicht mehr löst. Manchmal kann dein Physiotherapeut solche Stellen als Knoten erspüren - das muss jedoch nicht der Fall sein.

Warum kommt es zu "verklebten" Faszien?

  • Einseitige Bewegung, Bewegungsmangel
    Vor allem infolge einer Schonhaltung durch bereits bestehende Schmerzen oder wenn du beruflich viel sitzt.
  • Stress, emotionale Belastungen
    Stress erhöht den Muskeltonus (die Grundspannung deiner Muskeln), da dein Körper evolutionsbedingt in den Fluchtmodus wechselt. Auf Dauer kann dies zu Verspannungen führen.
  • Ungesunde Ernährung, zu wenig Trinken
    Deine Faszien benötigen die richtigen Nährstoffe und eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit, um ihre Gleitfähigkeit zu erhalten.
  • Alter
    Im Alter nimmt die Regenerationsfähigkeit deines Körpers langsam ab. Dies betrifft auch die positiven Eigenschaften deiner Faszien, wenn du dem nicht positiv entgegenwirkst.
  • Schlechte Durchblutung
    Deine Faszien werden über das Blut mit Nährstoffen & Sauerstoff versorgt. Ebenso wird der Abtransport von Giftstoffen bei einer schlechten Flüssigkeitsversorgung eingeschränkt.
  • Überlastung durch intensives Training
    Dein Körper braucht eine gesunde Balance zwischen Belastung und Entlastung. Eine dauerhafte Überbeanspruchung kann zu einer Übersäuerung durch Entzündungen führen.

Frau massiert ihre Schenkel um Schmerzen zu lindern

Was sagt die Wissenschaft?

Wissenschaftlich sind die Zusammenhänge zwischen Faszien und Schmerzen noch weitgehend unerforscht. Das Problem: Es gibt bisher keine standardisierten Kriterien für die Diagnose von Faszienschmerzen. Häufig überlappen sie sich mit anderen chronischen Schmerzzuständen. Dennoch zeigen verschiedene Studien eine positive Wirkung bei der Behandlung von myofaszialen Schmerzen. Vor allem sogenannte „self-myofascial release“ Übungen (wie die Faszien Rollmassage) versprechen eine Linderung. Das Ziel dabei: die Durchblutung verbessern, Verspannungen lösen und die Flexibilität der Faszien erhöhen.

Auch Massagen, Wärme- oder Kälteanwendungen, Ultraschall, Taping, Elektrotherapie oder Akupressur kommen häufig zum Einsatz. Je nach deinem Beschwerdebild können sich unterschiedliche Anwendungen in Kombination mit Bewegung, Stärkung der Muskulatur, Anpassungen der Ernährung oder Veränderungen des Lebensstils nachhaltig auf dein Wohlbefinden auswirken.

Was hilft bei faszialen Schmerzen?

Wenn du bis hierher gelesen hast, fühlst du dich vermutlich angesprochen. Dann kommen wir nun zum wichtigsten Teil. Was kannst du tun, um deine Faszien fit und gesund zu halten?

Frau die ein Glas Wasser trinkt

1. Ernährung & Trinken

Es ist kein Geheimnis: Deine Ernährung hat großen Einfluss auf dein Wohlbefinden. Zu viel Zucker oder Alkohol beispielsweise können im Körper zu Entzündungen führen, die auch deine Faszien schädigen können. Zu wenig Trinken wirkt sich ebenfalls negativ auf den Körper aus, da dehydriertes Gewebe dazu neigt „steifer“ zu werden. Deine Faszien bestehen zu rund 75% aus Wasser und sind daher besonders auf Flüssigkeitsnachschub angewiesen, um ihre Gleitfähigkeit zu erhalten. Eine ausgewogene Ernährung dient also auch deinen Faszien, um gesund und geschmeidig zu bleiben. 

2. Bewegung

Faszien sind die unsichtbaren Helden deines Körpers: reißfest und flexibel. Diese Eigenschaften bleiben aber nur erhalten, wenn du aktiv bist. Warum das so ist? Es liegt an den Fibroblasten. Den was? Fibroblasten sind Zellen, die für den Umbau von Kollagenfasern verantwortlich sind und das Fasziennetz kontinuierlich anpassen. Wie kleine Spinnen, die ständig an ihrem Netz arbeiten. Sie reagieren auf mechanische Reize, wie beispielsweise Bewegung. Durch die eintreffenden Zug- und Druckkräfte, die bei Bewegung entstehen, können sie die Kollagenfasern richtig strukturieren und ausrichten.

3. Erholung

Erhol dich. Bist du ständig in einer Überbelastung und gönnst deinem Körper keine Pause, kann das negative Auswirkungen auf deinen Körper haben. Nach starker Belastung brauchen deine Bindegewebsstrukturen Zeit zur Regeneration, um ihre optimale Struktur und Funktion beizubehalten. Insbesondere die Fibroblasten haben hier die Möglichkeit, eventuelle Mikroverletzungen zu reparieren und neu zu formen. Ruhepausen, regenerative Maßnahmen und ausreichend Schlaf sind also ebenfalls ausschlaggebend, um eine optimale Leistungsfähigkeit deines Körpers zu gewährleisten!

Frau massiert ihre Oberschenkel mit dem Faszienstab von styleholz

4. Faszientraining

Gezieltes Faszientraining kann deinen Körper unterstützen, die Durchblutung anzuregen, deine Beweglichkeit zu verbessern, Verspannungen zu lösen und Schmerzen zu lindern. Einfache Maßnahmen, wie Dehnübungen, dynamische Bewegungen oder die Faszien Rollmassage, lassen sich unkompliziert selbst durchführen. Praktische Hilfsmittel wie eine Faszienrolle oder ein Faszienstab können dabei ausgezeichnete Werkzeuge sein, um gezielt bestimmte Bereiche deines Körpers zu behandeln. 

Wichtig: Bedenke, dass jeder Körper einzigartig ist. Was dem einen hilft, muss nicht unbedingt auch dem anderen helfen. Höre auf deinen Körper und finde heraus, was dir guttut. 

4 Tipps für den Erfolg mit Faszientraining

1. Regelmäßigkeit

Bevor du einmal im Monat für zwei Stunden rollst, nimm dir lieber zwei bis drei Mal pro Woche zehn Minuten Zeit für deine Faszienroutine. Bisher gibt es keine Belege für eine Langzeitwirkung der Faszien Massage - die Regelmäßigkeit ist daher erfolgsentscheidend.

2. Technik

Beachte beim Training, dass du nur über weiches Gewebe, also Muskeln und Faszien rollst und deine Knochen und Gelenke aussparst. Außerdem empfehlen wir stets in Richtung Herz zu rollen und dies so langsam wie möglich auszuführen.

3. Intensität

Passe deinen Druck an! Jeder Körper ist unterschiedlich und reagiert anders, Faszientraining soll dich aber auf keinen Fall zu Tränen rühren. Auf einer Schmerzskala von 1 bis 10 solltest du dich irgendwo im „Wohlfühlschmerzbereich“ zwischen 5 und 7 befinden.

4. Abwechslung

Durch verschiedene Tools und Techniken kannst du dein Training noch abwechslungsreicher und effektiver gestalten. Während sich ein Faszienstab vor allem für größere Bereiche eignet, kannst du Faszienbälle für punktuelle Behandlungen verwenden.

Wenn du dir bislang nicht sicher bist, welches Hilfsmittel für dich das Richtige ist, kannst du in unserem Artikel "Faszienrolle oder Faszienstab" mehr darüber erfahren.

Frau macht Faszientraining und rollt dazu auf TennisballWas du beachten solltest: Vorerkrankungen

Wie bereits im Einleitungstext erwähnt, können unterschiedliche Faktoren zu Schmerzen führen. Dazu zählen Vorerkrankungen, die bei dir eventuell bestehen. In selten Fällen kann Faszientraining dann auch kontraproduktiv sein. Nähere Infos, bei welchen Krankheitsbildern du auf die Selbstmassage verzichten solltest, findest du hier: "Wann du kein Faszientraining machen solltest". Leidest du unter akut auftretenden Schmerzen oder bist unsicher, empfehlen wir dir, mit deinem Arzt oder deinem Therapeuten Rücksprache zu halten und dein Training dementsprechend anzupassen. 

Schlusswort

Auch wenn es bislang noch keine endgültigen Studienergebnisse gibt, deutet vieles darauf hin, dass Faszien eine bedeutende Rolle bei Schmerzen spielen können. Die gute Nachricht ist, dass du mit unkomplizierten Maßnahmen selbst deinen Körper dabei unterstützen kannst, deine Faszien gesund und geschmeidig zu halten und gleichzeitig deine allgemeine Gesundheit und dein Wohlbefinden steigern kannst. Eine Win-Win-Situation!

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